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Das Projekt:
Caroline von Grone
Ein Paar Parkgesichter
Lehmbruck Museum / Kantpark, Duisburg Mai /
Juni 2016 ->PDF
Seit
Anfang der 1990 Jahre malt Caroline von Grone Bilder über die Beobachtung.
Sie hat in ihren Werken eine bemerkenswert eigenwillige und farbig
intensive Handschrift bei gleichzeitiger, sachlicher Darstellung der
abgebildeten Szenen entwickelt. Es
geht ihr um
eine lichthaft präzise aber nicht penibel genaue Naturdarstellung, bei
der die
malerisch-abstrakte
Konstruktion der Bilder von besonderer Bedeutung ist. Sowohl Porträts
wie landschaftliche Stadtstillleben fügen sich zu Bildserien zusammen, die
jeweils unterschiedliche Schwerpunkte, Ortsbezüge und motivische
Ausrichtungen haben.
Den Prozess des Malens stellt Caroline von Grone
performativ in öffentlichen Situationen, beispielsweise an Bahnhöfen oder in
Kunstinstitutionen, vor. So entstanden 2013 in der Chiesa Evangelica in
Venedig parallel zur damaligen Biennale eine Serie dunkler Spiegelungen, die
das Thema politischer Misshandlung
aufgriff. Für die Ausstellung "Gesellschaftsbilder" des Kunstvereins Hamburg
malte sie große U-Bahn-Durchgangsansichten sowie Porträts von Passanten.
Im Anschluss daran realisierte sie ein Projekt mit Obdachlosen und Besuchern
in der Bahnhofsmission Hamburg. Die Aktion für das Lehmbruck Museum und
seine Umgebungssituation mit dem Kantpark knüpft an diese Erfahrungen an.
Seit 2014 arbeitet Caroline von Grone an einer fortlaufenden Serie von
zweiteiligen Porträts,"double reflection" betitelt. Es handelt sich jeweils um ein Porträt nach Modell
auf einer farbigen Leinwand und eines als Ölskizze nach Foto auf einem
weißen Bildträger. Das Foto entsteht während des Modellmalens. Es geht
um die Differenz der Wahrnehmung und die daraus resultierende Wirkung für
Bedeutung und Präsentation. Das beobachtete Porträt ist für die
Künstlerin individueller und vielschichtig in der Wirkung, während die
Skizze nach Foto schon in der Anlage zweidimensional wirkt und klar
wird, das sie von dort nicht zum „lebendigen“ Individuum kommen würde.
Deshalb verbleibt die Arbeit nach Foto skizzenhaft, gehört aber zum
Porträt nach Modell dazu, um den Unterschied zu verdeutlichen und die
Serialität der gesamten Untersuchung zu betonen.
Die Idee zu der
Serie wurde durch ein medizinisches Phänomen angeregt. Menschen können durch
Gewalteinwirkung auf den Kopf, sei es durch einen Unfall oder eine
Schussverletzung, die Fähigkeit verlieren, Fotografien als Repräsentation
für Dinge wahrzunehmen. Sie erkennen nur 'Farbe auf Papier'. Die
Gegenstände in natura können sie dagegen wahrnehmen und benennnen. Diese
extreme Kluft in der Lesbarkeit der Dinge veranlasste die Künstlerin
Arbeiten zu entwickeln, in der diese Wahrnehmungsdifferenz thematisiert
wird. Die ungewöhnlichen Bildpaare ermöglichen
eine
serielle Präsentation der Porträts auf der Wand, die durch die Skizzen stark
rhythmisiert wird. Für das Projekt arbeitet die Künstlerin mit sehr
unterschiedlichen Menschen. Künstlerfreunde und Prominente, unbekannte und
bekannte Personen, Menschen aus unterscheidlichen Verhältnissen werden
von der Künstlerin angesprochen, ihr Modell zu sitzen. Alle werden auf der
gleichen Augenhöhe gemalt. Die Serie im Ganzen ergibt ein konzentriertes
Spektrum des heutigen Menschen.
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Das temporäre Atelier für das
Lehmbruck Museum ermöglicht es der Künstlerin, diese Serie mit gänzlich
fremden Menschen fortzuführen. Ausgangspunkt für das Projekt ist die
Lage des Museums im umliegenden Kantpark und die Überlegung, Menschen aller
Art aus dem Park anzusprechen, sich als Modell zur Verfügung zu stellen,
um so auf sehr direkte Weise eine Verbindung zwischen Park und Museum zu
schaffen. Das Gesehen- und Wahrgenommen-Werden, das in der Natur des
Modellmalens liegt, ist nicht nur für Grenzgänger ein manchmal sehr
bedeutsamer Prozess und könnte zumindest Einzelnen eine neue Wahrnehmung
der gesamten Situation eröffnen oder Schwellenängste abbauen. Die
malerischen Untersuchungen der „Parkgesichter“ als Teil der Serie
"double reflection" werden als Block auf einer zum Park hin 24 Stunden
sichtbaren Wand des Lehmbruck Museums ausgestellt.
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